Würzburg (POW) Für den Haushalt 2017 greift das Bistum Würzburg auch auf Rücklagen zu. Warum das sinnvoll und verantwortbar ist und warum insbesondere im Bereich der Bauinvestitionen die Ausgaben gegenüber dem Vorjahr steigen, erläutert Albrecht Siedler, Finanzdirektor des Bistums Würzburg, im folgenden Interview.
POW: Der Haushaltsplan 2017 für die Diözese Würzburg liegt vor. Wie würden Sie ihn mit wenigen Worten zusammenfassen?
Finanzdirektor Albrecht Siedler: Im Heute die Zukunft gestalten.Das heißt, wir müssen die heutigen Bedürfnisse und Verhältnisse berücksichtigen und zugleich die Grundlagen dafür legen, dass die Diözese Würzburg auch in einer sich ändernden Zukunft Kirche für die Menschen sein kann.
POW: Im Vergleich zu den Vorjahren ist das Etatvolumen angestiegen, obwohl die Kirchensteuern rückläufig sind. Lebt das Bistum jetzt schon von der Substanz?
Siedler: Die Einnahmesituation der Diözese ist bedingt durch ein weiterhin gutes konjunkturelles Umfeld erfreulich, wenn auch stagnierend. Es gilt deshalb, jetzt die Zeit zu nutzen, um notwendige Veränderungen in vielen Bereichen – als Beispiel seien die Neukonzeption der Pastoralen Räume und die Verwaltungsstruktur des Bischöflichen Ordinariats genannt – einzuleiten, damit die Handlungsfähigkeit der Diözese zukünftig gewährleistet ist. Das bedeutet zunächst, dass die laufenden Einnahmen die Ausgabenseite nicht abdecken und eine Rücklagenentnahme notwendig sein wird. Diese Investitionen in die Zukunftsfähigkeit sind jetzt notwendig und verantwortbar. Eine weitere Verlagerung in die Zukunft würde die Handlungsfähigkeit zunehmend einschränken.
POW: Die Bauinvestitionen steigen im Vergleich zum Vorjahr um über 18 Prozent auf 28 Millionen Euro. Warum wird trotz sinkender Einnahmen investiert?
Siedler: Darin zeigt sich zum einen, dass die Diözese auch künftig ein verlässlicher Partner für die heimische Wirtschaft und deren Arbeitsplätze ist, zum anderen spiegeln sich in dem Anstieg auch drei außerordentliche Bauprojekte (Sankt Anton in Schweinfurt, das Matthias-Ehrenfried-Haus in Würzburg und das „Haus Sankt Bruno Haßfurt – Caritas und Kirche unter einem Dach") sowie das gestiegene Preisniveau in der Baubranche wider, die angesichts des Niedrigzinsumfelds voll ausgelastet ist.
POW: Die Personalausgaben sind der größte Posten im Haushalt und steigen seit Jahren. Wird die Diözese mittelfristig Angebote in der Seelsorge einsparen müssen?
Siedler: Seelsorge wird sich in Zukunft verändern müssen. Das ist nicht nur bedingt durch abnehmende finanzielle und personelle Ressourcen, sondern hauptsächlich durch die sich verändernden Lebensumstände und Bedürfnisse der Menschen und die zurückgehende Zahl der Gläubigen. Das Projekt „Pastoral der Zukunft“ sucht nach den richtigen Wegen, auf diese Veränderungen zu reagieren.Vor dem Hintergrund, dass keine betriebsbedingten Kündigungen ausgesprochen werden sollen, besteht aber vor allem im Verwaltungsbereich des Bischöflichen Ordinariats die Notwendigkeit, die Wiederbesetzung von frei werdenden Stellen sehr sorgfältig zu prüfen.
POW: Mittelfristig bis langfristig wird das Haushaltsvolumen aufgrund der demographischen Veränderungen zurückgehen. Welche Strategie verfolgen Sie bei den Finanzen der Diözese Würzburg in den kommenden Jahren?
Siedler: Eine Verminderung des Kirchensteueraufkommens kann kurzfristig nicht durch Anpassungen der Aufgaben und Organisation der Diözese Würzburg ausgeglichen werden. Der Grund sind vor allem Personal- und Zuschussaufwendungen, die einen wesentlichen Teil der diözesanen Gesamtaufwendungen darstellen und die aufgrund der verantwortungsvollen Personalverpflichtungen nicht kurzfristig vermindert werden können. Für den Fall rückläufiger Kirchensteuererträge hat die Diözese in den vergangenen Jahren eine solide Eigenkapitalbasis geschaffen und gleichzeitig eine konservative Haushaltspolitik verfolgt. Klar ist aber auch, dass die Diözese Würzburg und ihre Pfarreien und Einrichtungen eine Priorisierung ihrer Aufgaben vornehmen müssen.
POW: Künftig will das Bistum Würzburg bei Baumaßnahmen in kirchlichen Kindertageseinrichtungen nicht mehr den örtlichen Trägeranteil übernehmen. Was sind hierfür die Gründe?
Siedler: Wir müssen feststellen, dass die subsidiäre Leistungserbringung für eine an sich kommunale Pflichtaufgabe immer schwieriger wird. Das gilt zum einen für die ehrenamtliche Trägerschaft von Kindertageseinrichtungen, die aufgrund der zunehmenden personellen, organisatorischen und abrechnungstechnischen Komplexität an ihre Grenzen stößt. Die Leistung unserer Ehrenamtlichen auf diesem Gebiet verdient höchste Anerkennung und Respekt. Die Diözese befördert auch weiterhin diese ehrenamtlichen Strukturen. Über den Caritasverband bieten wir Entlastungssysteme bedarfsgerecht an, die diese Strukturen administrativ und organisatorisch unterstützen. Zum anderen sind die notwendigen Mittel zur Finanzierung von Bauinvestitionen in diesem Bereich aufgrund der gestiegenen Anforderungen und Baukosten einerseits und der zurückgehenden finanziellen Leistungsfähigkeit der örtlichen Träger andererseits durch die Diözese nicht mehr in dem Umfang darstellbar, dass die Kirche ein Drittel der Gesamtinvestitionskosten übernimmt. Bei Zuschusszusagen für neue Bauprojekte muss hinsichtlich der Auszahlung bereits auf das Jahr 2022 verwiesen werden – und das trotz der Tatsache, dass die Diözese in den zurückliegenden fünf Jahren statt der geplanten 16 Millionen Euro durch Nachträge insgesamt über 25 Millionen Euro hierfür zur Verfügung gestellt hat. Der Diözesansteuerausschuss hat deshalb bei seinem Haushaltsbeschluss festgelegt, dass sich die Diözese zwar weiterhin mit einem Fördersatz von 20 Prozent der Gesamtkosten nach Abzug einer eventuellen staatlichen Sonderförderung beteiligen wird, die Übernahme des örtlichen Trägeranteils zukünftig aber nicht mehr möglich ist. Die Kommunen müssen somit 80 Prozent der Gesamtkosten mit Hilfe der Kommunalförderung des Freistaates Bayern aufbringen. Der Abschluss von Kooperationsvereinbarungen mit den Kommunen ist anzustreben.
POW: Warum investiert das Bistum auch in Bereichen, die nicht nur von Katholiken genutzt werden, wie zum Beispiel der Ehe-, Familien- und Lebensberatung?
Siedler: Die christliche Botschaft wendet sich ja nicht nur an Christen. Kirche hat einen missionarischen Auftrag, die Diözese Würzburg will – im Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit – schließlich auch Kirche für die Menschen sein.
Interview: Markus Hauck (POW)
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