Retzstadt (POW) Ab Mai 2020 geht es los: Das Pfarrheim in Retzstadt wird generalsaniert. 1,5 Millionen Euro kostet der Umbau des „Mittelpunkts vom Ort“, wie Kirchenverwaltungsmitglied Peter Kolb das Gebäude nennt. Das Pfarrheim wird intensiv von der Pfarrgemeinde, Vereinen, Privatpersonen und auch von der politischen Gemeinde genutzt. Nun muss es dringend saniert werden.
Im Jahr 1967 übernahm die Kirchenstiftung Retzstadt die alte Schule unmittelbar neben der Pfarrkirche von der Gemeinde und baute sie in den folgenden Jahren unter der Regie von Kirchenverwaltung und Kolpingsfamilie von Grund auf um. Nun sei nach 50 Jahren intensiver Nutzung eine Generalsanierung elementar für den Fortbestand. Die maroden und teilweise undichten Leitungen und Decken müssen dringend erneuert werden. Die festen Einrichtungen wie Böden, Heizung, Theke, Küche und Toiletten sind völlig abgenutzt und nicht mehr zeitgemäß. Hinzu kommen weitere notwendige Maßnahmen für das Obergeschoss, das die Katholische Landjugendbewegung (KLJB) mit ihren mehr als 150 Mitgliedern für wöchentliche Gruppenstunden und einen offenen Jugendtreff an den Wochenenden nutzt.
„Die Gaube im Obergeschoss wurde nachträglich eingebaut und macht statisch Probleme“, berichtet Kirchenpfleger Simon Rothenhöfer. Deshalb soll nun eine Stahlkonstruktion unter die Decke gezogen werden. Außerdem sind zwei zusätzliche Stützen unter der Mittelpfette der Schleppgaube – ein waagrechter Träger des Daches – im ersten Stock geplant. Da die Statik nicht mehr den heutigen Ansprüchen genüge, könnten aktuell keine größeren Veranstaltungen der KLJB stattfinden. Darüber hinaus heizt die Gruppe derzeit noch mit Holz, das die Mitglieder auch selbst schlagen. Da der Raum durch den Holzofen im Winter nicht schnell warm wird, muss vor den Gruppenstunden der Kinder- und Jugendgruppen der KLJB der Raum vorgeheizt werden. Außerdem sei ein Holzofen aus Brandschutzsicht bedenklich. Deshalb wird nun im gesamten Haus eine neue Gasbrennwertheizung eingebaut. Denn auch die Heizungen im unteren Stockwerk sind sanierungsbedürftig. Das gehört alles zum ersten Bauabschnitt, der Generalsanierung des Pfarrheims, der im Mai 2020 beginnen soll und dann zirka ein Jahr dauert. Außerdem werden neue Fenster eingebaut, damit die Wärme besser gehalten werden kann.
Im ersten Bauabschnitt wird die größte Veränderung der Abriss des Toilettenanbaus und der Bau eines kompletten Anbaus auf der somit frei gewordenen Fläche und dem jetzigen Pfarrgarten sein. Die Herausforderung ist, dass der Pfarrgarten an einem steilen Hang liegt, der erst abgetragen werden muss. Gerodet haben ihn schon Gemeindemitglieder ehrenamtlich. „Im Anbau wird es dann eine neue barrierefreie Toilette für die Gottesdienstbesucher und das Pfarrheim geben“, berichtet Pastoralreferentin und stellvertretender Kirchenverwaltungsvorstand Barbara Stockmann. Außerdem gibt es einen weiteren Lagerraum, einen Technikraum und neu auch ein Behinderten-WC. Darüber hinaus werden die Wasser-, Abwasser-, Gas- und Elektroleitungen erneuert, die gerade teilweise noch über das Nachbargrundstück führen. Die Leitungen sind teilweise nicht mehr dicht, an manchen Stellen kommt das Wasser durch die Decke. In der Küche sind schon Wasserschäden erkennbar, sie wird vollständig erneuert und mit neuen Möbeln zeitgemäß ausgestattet. Auch im großen Saal stehen einige Erneuerungen an, zum Beispiel das Verlegen eines neuen Fußbodens, der Einbau einer neuen Trennwand und neuer Lampen sowie der Kauf einer neuen Thekenanlage.
Das Dach des Anbaus soll mit dem ersten Stock abschließen und von den KLJB-Räumen mit einer neu eingebauten Tür erreichbar sein. Dadurch wird das Flachdach zudem zum Fluchtweg und regulären barrierefreien Zugang. Zurzeit ist der Raum nur über eine Treppe zu erreichen. Außerdem könne das Dach zum Grillen, Spielen und Basteln verwendet werden.
Im zweiten Bauabschnitt, der im Mai 2021 beginnen soll, wird die Barrierefreiheit umgesetzt. Aufgrund der Lage des Pfarrheims und der Kirche am Hang sind die Gebäude bisher nur über viele Treppen zugänglich. Der Haupteingang soll zukünftig auch auf der Seite des Anbaus liegen und dann barrierefrei erreichbar sein. Schon vor der Renovierung des Pfarrheims wurde von der politischen Gemeinde ein Aufzug in das ehemalige Eucharistinerkloster eingebaut, der zumindest die ersten Stufen vor der Kirche und dem Pfarrheim überwindet. Anschließend führt der Weg um die Kirche herum. Die Fortsetzung auf der Südseite der Pfarrkirche soll nun verbreitert werden und als leicht abfallende Rampe Richtung Pfarrheim führen. Die Treppenstufen, die sich momentan auf dieser Höhe befinden, sollen zurückversetzt werden. Der zweite Schritt der Umbaumaßnahmen soll Ende 2021 abgeschlossen sein.
Der erste Bauantrag wurde im Jahr 2016 gestellt. Doch die Kosten von 1,75 Millionen Euro wurden damals nicht genehmigt. Aufgrund dessen entschied die Kirchenverwaltung, den geplanten Ministrantenraum und das Pfarrbüro zu streichen und stattdessen behelfsmäßig im alten Kindergarten unterzubringen. Die Kosten für die Generalsanierung belaufen sich nun auf 1,5 Millionen und wurden im Juni 2018 von der Diözese genehmigt. Davon übernimmt die Diözese Würzburg 750.000 Euro. Die politische Gemeinde steuert noch rund 200.000 Euro bei. Die verbleibenden 550.000 Euro muss die Pfarrgemeinde Sankt Andreas in Retzstadt selbst tragen. Knapp die Hälfte davon kamen durch den Verkauf des Pfarrhauses zusammen. Der Bayerische Jugendring gibt aufgrund der KLJB-Gruppe noch einen Zuschuss von 16.000 Euro. Doch auch die Spendenbereitschaft der Pfarrgemeinde ist groß.
Seit der erste Antrag beim Bauamt des Bistums eingereicht wurde, wurden zwei Pfarrfeste gefeiert, deren Erlös für die Renovierung verwendet wird. Außerdem hat der Männergesangsverein zusammen mit der KLJB dreimal ein Kesselfleischessen veranstaltet, bei denen insgesamt rund 3500 Euro gespendet wurden. Die Kolpingfamilie hat ein Weißwurstfrühstück für die Renovierung des Pfarrheims organisiert und die Theatergruppe hat 3000 Euro gespendet. Zudem gingen schon größere Einzelspenden ein.
Angst vor der Helfersuche hat die Kirchenverwaltung nicht. „Wir haben eine starke Jugendgruppe, die Sänger, die Kolpingfamilie und die Gemeinde selbst. Wenn man in Retzstadt fragt, sind da auch Leute, die helfen“, erklärt Rothenhöfer. Außerdem werde das Pfarrheim viel genutzt und soll daher nur möglichst kurz, etwa bis Jahresende, geschlossen werden. Die Räume der KLJB sollten allerdings nur drei Monate im Sommer betroffen sein, da sie über einen eigenen Zugang verfügen und dann die KLJB-Gruppenstunden auch im Freien abgehalten werden könnten. „Es ist schmerzlich und eine Belastung für das Dorfleben, das Pfarrheim für die Sanierung zu schließen“, sagt Rothenhöfer. Die verschiedenen Gruppen hätten sich schon einige Ausweichquartiere in Vereinsheimen gesucht. Aber sie würden sich alle auf die Rückkehr in das neu renovierte Pfarrheim freuen.
ils (POW)
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